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Ratgeber zum Thema Vertragsrecht
Preisfehler im Onlineshop - Muss der Händler liefern?
17.04.2021 | Vertragsrecht
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In Deutschland gibt es laut des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel (bevh) über 120.000 Onlineshops. Es ist daher nicht überraschend, dass es im E-Commerce durch Kommafehler, die falsche Währung und fehlerhafte Angebotspreise regelmäßig Preisfehler auf Portalen wie mein-deal.com gibt. Doch müssen Händler, die teils viel zu günstigen Produkte tatsächlich liefern?

Vertrag oder kein Vertrag?

Grundsätzlich können Schnäppchenjäger die Lieferung ihre Ware nur verlangen, wenn es zwischen ihnen und dem Händler zu einem Vertragsschluss gekommen ist. In den meisten Onlineshops reicht dazu die Bestellabgabe über den "Kaufen"-Button" aber nicht aus. Um zu beurteilen, ob ein Vertragsschluss erfolgt ist, sind Grundlagenkenntnisse im Vertragsrecht nötig.

Grundlagen Vertragsschluss: Ein Vertragsschluss benötigt zwei Willenserklärungen, nämlich das Angebot und die Annahme. Nur ein Angebot durch eine Annahme akzeptiert wird, entsteht daraus ein bindender Kaufvertrag. Ohne Kaufvertrag muss ein Händler Ware mit einem Preisfehler nicht liefern.

Das Angebot: Laien gehen häufig davon aus, dass bereits die Präsentation der Artikel im Onlineshop ein Angebot darstellt. Es handelt sich dabei aber lediglich um eine "Aufforderung zur Abgabe eines Angebots" ("invitatio ad offerendum"), die rechtlich keinerlei Bedeutung hat. Das eigentliche Angebot kommt erst vom Kunden, wenn dieser eine Bestellung aufgibt.

Ausnahmen gibt es hiervon lediglich durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), in denen ein Händler festlegen kann, dass bereits die Warenpräsentation ein verbindliches Angebot ist.

Die Annahme: Stellt ein Händler fest, dass das Angebot des Kunden einen Artikel mit Preisfehler enthält, kann er die Annahme ablehnen. In diesem Fall kommt kein Kaufvertrag zustande und der Händler muss die zu günstige Ware nicht ausliefern.

Auch die oft automatisch versendete Bestellbestätigung führt bei den meisten Händlern noch zu keiner Annahme des Angebots, also auch zu keinem Kaufvertrag. Eine Ausnahme machen hier wieder die AGB, in denen festgelegt werden kann, dass durch die Bestellbestätigung ein Kaufvertrag entsteht.

Fehler des Händlers bei der Formulierung der Bestellbestätigung können überdies, auch wenn die AGB eigentlich keinen Vertragsschluss vorsieht, zum Kaufvertrag führen. Gerichte achten dabei auf Inhalte und Formulierungen wie:

  • Bankverbindungen in der Bestellbestätigung
  • "Auftragsbestätigung", "Vielen Dank für Ihren Auftrag" oder andere Formulierungen

Händler sollten also darauf achten, dass ihre Bestellbestätigung dem Kunden lediglich bestätigt, dass eine Bestellung eingegangen ist, dabei aber nicht von einem Auftrag sprechen. Ansonsten könnte es dazu führen, dass sie unabsichtlich einen Kaufvertrag über Artikel mit Preisfehler eingehen.

Kaufvertrag über Artikel mit Preis

Auch wenn es bei einer Bestellung mit Preisfehler zu einem Kaufvertrag gekommen ist, haben Händler noch die Möglichkeit der Anfechtung, die einen Vertrag rückwirkend vernichten kann. Zur Anfechtung braucht der Händler einen Anfechtungsgrund und eine Anfechtungserklärung.

Der Anfechtungsgrund: Eine Anfechtung braucht einen triftigen Grund. Ein Vertippen beim Eintragen des Preises wird von Gerichten regelmäßig als Erklärungsirrtum ausgelegt. Auch ein eigentlich korrekt eingetragener Preis, der aufgrund eines technischen Fehlers falsch angezeigt wurde, reicht in der Regel zur Anfechtung aus.

In der Praxis kommt es vor Gericht vor allem darauf an, ob der Händler glaubhaft einen Erklärungsirrtum darlegen kann. Dazu reicht es nicht aus, nur mitzuteilen, dass der Preis "so nicht gewollt war". Händler müssen stattdessen genau erklären, wie es zu dem falschen Preis gekommen ist. Es soll so sichergestellt werden, dass Fehler in der Kalkulation nicht zur späteren Anfechtung eines Kaufvertrags ausreichen. Das Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urteil vom 19. Mai 2016, Az. I-16 U 72/15) urteile, dass es nicht ausreicht, wenn ein Händler vage von einem "elektronischen Eingabefehler" oder einer "fehlerhaften Online-Eingabe" spricht.

Die Anfechtungserklärung: Eine Anfechtung des Kaufvertrags muss der Händler unverzüglich (z.B. per E-Mail) erklären, sobald er den Preisfehler entdeckt hat. Das Wort Anfechtung muss die Anfechtungserklärung nicht enthalten. Es reicht stattdessen aus, wenn die Wortwahl und Formulierung des Händlers deutlich machen, dass es den Vertrag mit dem Kunden nicht mehr möchte.

Missbräuchliches Verhalten des Kunden

Als letzten Rettungsanker können Händler, auch wenn es zu einem Vertragsschluss gekommen ist und dieser nicht angefochten wurde, die Lieferung eines Preisfehlers noch bei missbräuchlichen Verhalten des Kunden verweigern. Gerichte gehen regelmäßig davon aus, dass ein Kunde bei sehr hohen Abweichungen des Preisfehler des Kunden hätte bemerken müssen.

Die Lieferung eines Notebooks für 11,99 Euro statt 1199 Euro kann also auch dann nicht verlangt werden, wenn es zu einem Kaufvertrag gekommen ist, der nicht angefochten wurde. Bei nicht offensichtlichen Preisfehlern kann der Kunde in diesem Fall hingegen häufig die Lieferung vor Gericht durchsetzen.

Preisfehler im Onlineshop - Muss der Händler liefern?

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